Suchtkranker Arzt

Das Thüringer Angebot für suchtkranke Ärzte

Abhängigkeitserkrankungen verlaufen bei Ärzten in der Regel besonders fatal, weil noch später als sonst Maßnahmen ergriffen werden. Die Betroffenen täuschen sich unter Umständen noch länger als andere über die eingetretene Abhängigkeit hinweg und unterhalten sie mit Hilfe ihrer beruflichen Möglichkeiten auch in Krisen, zum Beispiel im Entzug, mit Selbstmedikation. Wenn klar wird, dass ein Suchtproblem besteht, sollten betroffene Ärzte sich an geeignete Kolleginnen und Kollegen wenden, gegebenenfalls einen Vertrauensarzt der Landesärztekammer Thüringen konsultieren. Natürlich können Sie auch die nebenstehenden Ansprechpartner der Landesärztekammer Thüringen kontaktieren. Wie es dann weitergehen kann, ist im Folgenden dargestellt (1).

Oberstes Ziel ist es, die Berufsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen und eine Meldung an die Approbationsbehörde (Thüringer Landesverwaltungsamt) zu vermeiden.

Nicht ganz selten kommt es zu Meldungen an die Landesärztekammer Thüringen zum Beispiel über Patientenbeschwerden, polizeiliche Ermittlungsverfahren und anderes, denen die Landesärztekammer Thüringen nachgehen muss. Die Betroffenen werden dann zur Vorstellung bei der Beratungskommission Sucht vorgeladen. Auch dieser Weg ist im Folgenden dargestellt (2).

Es wird ein Gespräch mit zwei Mitgliedern des Suchtausschusses und Vertretern der Geschäftsführung der Landesärztekammer Thüringen in deren Räumlichkeiten vereinbart und eine Verdachtsdiagnose gestellt. In diesem Gespräch wird über die Schwere der Abhängigkeit und die weitere Verfahrensweise gesprochen. Die fachliche Aufsicht in dieser Angelegenheit übernimmt ein Mitglied des Suchtausschusses, die organisatorische Koordinierung läuft über die Rechtsabteilung der Landesärztekammer Thüringen. Die Betroffenen können sich dann an einen suchtmedizinisch erfahrenen Arzt wenden, welcher entweder in einer Klinik tätig oder niedergelassen ist, damit in maximal vier Wochen eine Diagnose erstellt werden kann.

Kann dies nicht geschehen, weil sich der Suchtkranke nicht bei einem behandelnden Arzt vorstellt, wird das Verfahren an die Approbationsbehörde abgegeben und die Sache nimmt ihren gesetzlichen Lauf. Kommt es wie vorgesehen zu einer qualifizierten Diagnostik, erfolgt anschließend eine Meldung an die Rechtsabteilung der Landesärztekammer Thüringen, dasselbe gilt kontinuierlich während der Behandlung des Suchtkranken. Falls nicht bereits im Kontaktgespräch erfolgt, wird nach vier Wochen ein erneutes Zusammentreffen organisiert, um eine schriftliche Vereinbarung für den weiteren Verlauf zu treffen. Es handelt sich auch bei dieser Prozedur immer noch um ein freiwilliges Hilfsangebot, niemand wird dazu gezwungen. Falls es aber nicht dazu kommt, muss die Landesärztekammer Thüringen die Approbationsbehörde informieren, insofern besteht durchaus Druck. In der Therapie- und Nachsorgephase (3) haben die behandelnden Ärzte die Möglichkeit, den mit dem Fall betrauten Vertrauensarzt des Suchtausschusses zu konsultieren und umgekehrt.

orientierende Beratungsgespräche (ein bis zwei)

  • Verdachtsdiagnose, Labordiagnostik notwendig mit Therapieempfehlung sowie ggf. Information über derzeitige Fahruntauglichkeit und Gefährdung der Berufsfähigkeit (Schweigepflichtentbindung siehe Muster, für den Fall, dass die Landesärztekammer Thüringen aus gegebenem Anlass zu einem späteren Zeitpunkt um Auskunft bittet – eine Verweigerung der Schweigepflichtentbindung ist ebenfalls durch eine Unterschrift zu belegen!)

 

ambulanter Therapieversuch

  • Ausnahme in begründeten Einzelfällen und nur nach o. g. Schweige­pflichtent­bindung!
  • häufige, unregelmäßige Kontrollen relevanter Laborwerte einschl. toxikologischer Diagnostik (ggf. kostenpflichtig)
  • bei Nichterreichen einer anhaltenden Suchtmittelabstinenz und/oder Nichteinhalten der Vereinbarungen muss der Behandlungsversuch baldmöglichst beendet werden
  • schriftliche Belehrung über die Notwendigkeit einer umgehenden stationären Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung sowie über Fahruntauglichkeit und mögliche berufsrechtliche Konsequenzen (Unterschrift!)
  • bei erfolgreichem Verlauf mindestens fünfjährige Weiterbetreuung mit gelegentlichen Laborkontrollen

Kontaktgespräch (in der Landesärztekammer Thüringen mit der Beratungskommission Sucht)

  • diagnostisches Gespräch
  • Verdachtsdiagnose
  • Information über umgehende suchtmedizinische Diagnostik (einschließlich Toxikologie) zur Abklärung des Verdachtes, über Hilfsangebote der Landesärztekammer Thüringen sowie über mögliche approbationsrechtliche Folgen
  • Beratung hinsichtlich von Behandlungsnotwendigkeit und –möglichkeiten
  • Hinweis auf Meldenotwendigkeit an die Approbationsbehörde bei Ablehnung der suchtmedizinischen Abklärung eines dringenden Verdachtes auf ein Suchtproblem bzw. bei nicht fristgerechter Beibringung der Ergebnisse

 

Maßnahmen nach Bestätigung der Verdachtsdiagnose

  • umgehende schriftliche Vereinbarung zwischen Landesärztekammer Thüringen und Kammermitglied zu Therapie und Nachsorge (Entbindung der suchttherapeutischen Behandlung von therapiebezogener Schweigepflicht gegenüber der Landesärztekammer Thüringen – Einverständniserklärung zur Durchführung von Kontrollen auf Suchtmittelabstinenz während der mehrjährigen Langzeitbetreuung …)
  • Kontrolle des therapeutischen Prozesses durch einen Vertrauensarzt (Gespräche, Befundkontrollen; anonyme Supervision durch Suchtausschuss)
  • Hinweis auf Information der Approbationsbehörde bei Behandlungsabbruch, Verstößen gegen die Vereinbarungen oder verschwiegener, nicht umgehend behandelter Rückfälligkeit / Konsum psychotroper Substanzen

 

Die Abhängigkeitsbehandlung erfolgt in der Regel als stationäre Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung; nur in seltenen Ausnahmefällen kann eine ambulante Entwöhnungstherapie unter folgenden Bedingungen versucht werden

  • Behandlungsvertrag bezüglich Laborkontrollen, derzeitiger Fahruntauglichkeit und Schweigepflichtentbindung gegenüber Landesärztekammer Thüringen (Informationen über Verdachtsdiagnose und Behandlung in mindestens vierteljährlichen Abständen
  • bei erfolgreichem Verlauf entfällt eine Meldung der Landesärztekammer Thüringen an die Approbationsbehörde)
  • wird innerhalb von ca. drei Monaten eine anhaltende Abstinenz nicht erreicht, muss der ambulante Behandlungsversuch beendet werden! Bei fehlender Bereitschaft, sich umgehend einer stationären Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung zu unterziehen, informiert die Landesärztekammer Thüringen unverzüglich die Approbationsbehörde, welche vor der Einleitung berufsrechtlicher Maßnahmen in der Regel eine Begutachtung veranlasst
  • Dauer: fünf Jahre auf Basis einer freiwilligen Vereinbarung
  • Nachweis einer regelmäßigen mehrgleisigen suchtspezifischen Betreuung (über suchtmedizinisch erfahrene Ärzte, Selbsthilfegruppen, …)
  • der betroffene Arzt hat die schriftlichen Belege sowohl der Laborkontrollen als auch der Arzttermine unaufgefordert dem Suchtausschuss/der Rechtsabteilung der Landeärztekammer Thüringen zu übersenden
  • gegebenenfalls zusätzliche Abstinenzkontrolle durch die Anordnung relevanter Labordiagnostik (Blutalkoholkontrolle, Leberwerte, EtG, Hämatokrit, CDT; Medikamenten- und Drogenscreening – kostenpflichtig) in unregelmäßigen Abständen auf Veranlassung der Landesärztekammer Thüringen